Bücher in der Staatsbibliothek Wien
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Michel de Montaigne hat's im sechzehnten Jahrhundert schon gewusst: Wir sind zu bequem, um selber zu denken.
Wir verlassen uns so vollständig auf die Hilfe von aussen, dass unsere eigenen Geisteskräfte verkümmern .
Michel de Montaigne, Von der Erfahrung
Das Hirn braucht halt im Verhältnis zum Körper doch recht viel Energie, und ich vermute, das ist einfach ein natürlicher Reflex, dass wir gerne unser Gehirn schonen um damit Energie zu sparen. Darum lagern wir Denken mittlerweile an die Künstliche Intelligenz aus. Nur dass dann die Energie, die wir sparen, halt anderweitig verbraucht wird, und zwar in Unmengen. Geliefert wird sie dann heute bei der Künstlichen Intelligenz in Form von neuen Atomkraftwerken, die schon im Bau sind, weil die aktuelle Stromproduktion für die neuen Rechenzentren nicht ausreicht. Alleine die Rechenzentren von der führenden Firma im Bereich der künstlichen Intelligenz wird soviel Energie wie New York City oder soviel wie die ganze Schweiz benötigen. Unfassbar was hier angerichtet wird.
Aber nun zum Grundproblem zurück: Wir werden geistig bequem, sobald wir die Möglichkeit dazu haben. Das war früher wirklich überlebenswichtig. Jedes Wesen auf dieser Welt wurde so gebildet, mit Sinnen, Fähigkeiten und Waffen, so dass es in seiner Form und in seiner Umgebung mit minimalem Energiebedarf überleben kann. Und es war ganz einfach: Wer zu viel Energie verbraten hat, starb einfach, sobald die Nahrung knapper wurde. Für den Menschen war vor allem das Gehirn zur Nahrungssuche überlebenswichtig. Darum haben wir auch so einen grossen Kopf bekommen.
Nur damit ist jetzt Schluss. Mit dem grossen Kopf meine ich. Der intelligente Kühlschrank wird nämlich bald selbst einkaufen. Und Mathematik kann die Künstliche Intelligenz eh besser und schneller als wir. Mails schreiben sowieso. Endlich können wir aufhören, dreissig Prozent unserer Energie nur für unseren Kopf zu verbraten, und können unsere geistigen Ressourcen wieder für Wichtigeres einsetzen. So wie TikTok oder Instagram zum Beispiel.
Und vor allem, die KI wird uns künftig durch unser Leben steuern. Dank der vielen praktischen Helferlein, die auf all unseren kleinen elektronischen Begleitern Einzug halten. Da müssen wir uns auch im Alltag immer weniger Gedanken machen. Agenten für Künstliche Intelligenz nennen sie die. Der Name ist Programm. Die spionieren uns nämlich kontinuierlich bis in die hintersten Winkel aus. Die wissen dann alles von uns und wissen ganz genau, was wir jetzt grad brauchen.
Das Hirn des modernen Menschen muss eigentlich nur noch die Funktionen eines Bibliotheksprogramms übernehmen. Gesteuert wird so ein Programm ja von aussen – bei uns sind es dann halt die Agenten, die uns steuern. So ein Bibliotheksprogramms muss nur in der Lage sein, etwas zu finden, aber nicht, es zu verstehen. Zum Verstehen und Interpretieren des Inhalts braucht es eben immer noch eine Bibliothekarin oder einen Bibliothekar. Das ist nämlich eine anspruchsvolle Aufgabe. Man muss mehreren Sprachen mächtig sein, zumindest dem Latein. Sonst kann man ja in keiner renommierten Bibliothek arbeiten, da man bei einem Grossteil der Bücher gar nicht versteht, um was es geht. Wie soll man denn da ohne Latein etwas zuordnen können? Ganz zu schweigen von dem geschichtlichen Kontext, der einem wohlbekannt sein muss.
Ach, wie gern wäre ich doch Bibliothekar geworden – früher.
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